Tag der Abrechnung:
Peter
Hartz hat nicht nur als Reformer, sondern auch als Sprachschöpfer von
sich reden gemacht. Einer seiner schönsten Begriffe ist der
„Klebeeffekt“: Arbeitslose werden von Personalserviceagenturen –
ebenfalls eine solche Wortschöpfung – befristet an Betriebe verliehen.
Wenn sie dort vernünftig arbeiten, sollen sie einen festen Job
bekommen, also bei dem Arbeitgeber kleben bleiben. Auf die schönen
Worte des Personalvorstands von Volkswagen folgte keine schönere
Realität: Statt einer halben Million haben bisher nur ein paar tausend
Arbeitslose über diesen Weg eine neue Stelle gefunden.
Mangels
Erfolg hat jetzt Maatwerk als wichtigster Betreiber der
Verleihagenturen überraschend Insolvenz angemeldet. Zwar spielen in
diesem Fall auch Dummheiten der Firmenchefs eine Rolle. Das ändert aber
nichts daran, dass die Pleite eine neue schlechte Nachricht für die
politischen Urheber der Reformgesetze ist – die Koalition in Berlin.
Freudig wartet die Union auf den Tag der Abrechnung. Spätestens im
nächsten Bundestagswahlkampf wird sie genüsslich vergleichen, was Hartz
und sein Kanzlerfreund versprochen hatten und was über die Jahre aus
den Versprechen geworden ist. Da wird es nichts helfen, auf Fehler bei
der Bundesagentur für Arbeit zu verweisen, wie es die Grünen gerade
versuchen – Gesetze werden immer noch in Berlin gemacht. Und die Pleite
von Maatwerk ist ein weiterer Beweis dafür, dass diese Gesetze bisher
fast nur dazu dienten, die Statistik erträglicher zu machen: Wer in
einer Personalserviceagentur unterkommt, zählt nicht mehr als
arbeitslos – auch wenn er monatelang in dieser Agentur klebt statt in
einem Betrieb.
Nun
hilft es nichts, alle Agenturen wieder dicht zu machen, wie es die
Union fordert. Die Betroffenen würden dann einfach ihr Geld wieder
direkt von den Arbeitsämtern bekommen. Auch kann das Argument der
Wirtschaft, die staatlichen Zuschüsse für die Betreiber verzerrten den
Markt, nicht stimmen: Hätten die gepäppelten Agenturen einen unfairen
Vorsprung vor der Konkurrenz, müsste es Maatwerk und anderen Vertretern
recht prächtig gehen. Gewinn machen sie aber nur, wenn sie Arbeitslose
wirklich in Jobs bringen, und solche Jobs gibt es nicht. Hartz und
seine Freunde haben die Illusion genährt, dass eine bessere Vermittlung
die Arbeitslosigkeit beseitigen kann. Jobs entstehen aber nicht, indem
sich der Staat stärker einmischt, sondern indem Firmen mehr
investieren. Diese einfache Wahrheit ist – das zeigt auch der Streit um
die Ausbildungsabgabe – in Berlin noch immer nicht angekommen